Lego kämpft
Lego hängt die Konkurrenz deutlich ab – und kämpft mit harten Mitteln
Stein auf Stein: Das Prinzip von Lego ist seit mehr als 70 Jahren nahezu unverändert. Trotzdem – oder gerade deshalb – läuft das Geschäft selbst in der schlimmsten Krise der Nachkriegszeit besser denn je.
So ist der Umsatz des größten Spielwarenherstellers der Welt vergangenes Jahr um 13 Prozent auf umgerechnet 5,9 Milliarden Euro in die Höhe geschossen. Der Gewinn kletterte sogar um 19 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro. „Wieder einmal haben wir uns besser geschlagen als der Markt“, sagte Lego-Chef Niels Christiansen dem Handelsblatt.
Lego hat seine wichtigsten Konkurrenten 2020 hinter sich gelassen – und zwar deutlich. So ist der Umsatz von Hasbro, dem größten Verfolger, vergangenes Jahr um acht Prozent auf 4,6 Milliarden Euro geschrumpft. Der Gewinn des US-Konzerns ist sogar um mehr als ein Drittel auf 188 Millionen Euro eingebrochen. Zu Hasbro gehören Marken wie Monopoly oder Nerf.
Die Nummer drei der Branche, Mattel, hat sich zwar ein wenig besser entwickelt als Hasbro: Die Erlöse des Barbie-Produzenten sind vergangenes Jahr immerhin um zwei Prozent auf 3,9 Milliarden Euro gestiegen. Der Gewinn allerdings betrug nicht einmal ein Zehntel dessen, was Lego erwirtschaftete. Das ist für Mattel sogar ein Erfolg – im Jahr davor hatten die Kalifornier tiefrote Zahlen ausgewiesen.
Was also machen die Skandinavier besser als ihre Wettbewerber? Lego ist nach Ansicht von Christiansen aus drei Gründen so erfolgreich: Das Spielzeug mache Spaß, es sei lehrreich und sicher. Das ist eine Kombination, die nicht nur bei Kindern, sondern auch bei Erwachsenen ankommt.
Einerseits kaufen sie Lego gern für den Nachwuchs. Andererseits spielen sie selbst mit den Sets. Die Technic-Serie mit zum Teil mehreren Hundert Euro teuren Modellen gehört zu den Bestsellern.
Hinzu kommt: „Unsere eigene Lieferkette macht uns flexibel“, unterstreicht Christiansen. Die Dänen produzieren alle Artikel selbst in nahezu identischen Fabriken.
Als er vergangenes Jahr Werke in China und Mexiko wegen der Pandemie zeitweise schließen musste, habe er Ware von anderen Standorten in die Volksrepublik und nach Nordamerika fliegen lassen. Die meisten Konkurrenten hingegen beziehen ihre Produkte von Auftragsfertigern. Daher müssen sie schon zu Jahresbeginn festlegen, welche Mengen sie zu Weihnachten benötigen.
Im vergangenen Jahr führte das dazu, dass viele Marken nicht ausreichend liefern konnten. Denn das Geschäft lief überraschend gut: Der deutsche Spielwarenmarkt etwa verbuchte ein Plus von neun Prozent – viel mehr, als die Branche erwartet hatte.
Natürlich sind derart gute Zahlen auch bei Lego nicht selbstverständlich. Als Christiansen vor dreieinhalb Jahren vom Wärme- und Kältetechnikspezialisten Danfoss zu dem Spielwarenkonzern stieß, lief es alles andere als rund bei der Firma aus Billund.
Christiansen löste im Oktober 2017 Bali Padda nach nur neun Monaten an der Spitze ab. Patriarch Kjeld Kirk Kristiansen, 74, hatte das Vertrauen in Padda verloren – und schnell die Reißleine gezogen. Kristiansen ist der Enkel von Lego-Gründer Ole Kirk Christiansen und hat die Firma selbst von 1979 bis 2004 geführt.
Niels Christiansens Auftrag war es, der traditionsreichen Firma die Beamtenmentalität auszutreiben und für dynamisches Wachstum zu sorgen. Das gehe nur mit Mut und guten Ideen, so das Credo des ehemaligen McKinsey-Beraters.
Gleich nach seinem Amtsantritt mussten 1400 Mitarbeiter gehen – das entsprach acht Prozent der Belegschaft. 2017 schrumpfte der Umsatz um acht Prozent auf umgerechnet 4,7 Milliarden Euro, der Überschuss brach um mehr als ein Fünftel auf gut eine Milliarde Euro ein. Ein Schock für die Lego-Eigner nach einem Jahrzehnt des Aufschwungs. Der rasche Wechsel an der Spitze hatte sich indes gelohnt, unter Christiansen ging es wieder aufwärts.
Christiansen setzt auf neue Konzepte, ohne das Erbe aufzugeben. „Alles, was wir tun, hat immer mit dem Baustein zu tun.“ Darauf achten schon die Eigentümer: Lego gehört der Familie Kristiansen über ihre Investmentgesellschaft Kirkbi und ihre Stiftungen. Kjeld Kirk Kristiansen hat sich inzwischen aus dem Geschäft zurückgezogen, Sohn Thomas Kirk Kristiansen, 41, ist Chef des Verwaltungsrats.
Lego im Clinch mit Händlern
Den Kunden präsentiert sich Lego als durch und durch sympathisch. Gegenüber Kaufleuten allerdings tritt das Unternehmen mitunter knallhart auf. Mit dem Frankfurter Fachhändler und bekannten Youtuber Thomas Panke etwa lagen die Dänen schon häufiger im Clinch.
Der Grund für die Auseinandersetzung: Panke bezeichnete in seinen Videos auch Klemmbaustein-Modelle anderer Hersteller als „Lego“. Das passt dem Spielwarenhersteller nicht. Der Streit sorgte für Schlagzeilen auch außerhalb der Lego-Community.
Nun sorgt ein neuer Fall für Aufregung: Verkäufer Thorsten Klahold, der seit 2017 mit seinem Youtube-Kanal „Johnny‘s World“ in der Szene bekannt ist und ähnlich wie Panke regelmäßig neue Modelle vorstellt, sieht sich von Lego angegriffen. Als Geschäftsführer des Ladens Steingemachtes hat er neben Lego auch Klemmbausteine der Marke Qman im Angebot.
Kürzlich wurde einer von Klaholds Containern mit neuen Qman-Artikeln vom Zoll beschlagnahmt, nachdem ein nicht näher genannter Antragsteller beim Zoll angegeben hatte, dass die Ware gegen das Urheberrecht verstoßen könnte. Klahold verdächtigt Lego, eine Anwaltsfirma beauftragt zu haben, um einen solchen Antrag zu stellen. Mittlerweile habe er ein Schreiben vom Zoll erhalten, das Lego als Auftragsgeber bestätigt wurde, so in einem seiner Infovideos.
Viele Mitglieder der Modellbau-Szene, darunter auch Thomas Panke, werfen Lego vor, einen seiner eigenen Grundsätze von „fair play“ zu verraten, nur um die eigene Monopolstellung auf dem Markt zu sichern. Ein deutscher Spielwarenhändler, der nicht genannt werden möchte, weil er Ärger mit dem Konzern befürchtet, sagt: „Lego ist eine extrem wichtige Marke für uns. Aber eben auch eine Marke, die es überall gibt.“
In Supermärkten, Discountern sowie in Legos eigenen Läden würde der Konzern seine Ware anbieten, und das zu für den Fachhandel mitunter ruinösen Lockpreisen. Das sei katastrophal für die Kaufleute, die ganzjährig ein Vollsortiment und Beratung vorhielten – und damit seit Jahrzehnten die Basis für den Erfolg von Lego seien.
Die Konkurrenz nimmt sich Lego unterdessen zum Vorbild. Auch bei Mattel zählt nicht mehr allein der schnelle Erfolg. Es geht darum, das Image aufzupolieren. „Wir setzen in unserem mehrjährigen Turnaround-Plan auf Diversität, Inklusivität und sinnvolles Spielen“, sagte Mattel-Chef Ynon Kreiz jüngst dem Handelsblatt. Den Bestseller Barbie hat er deshalb entstaubt. Das kommt gut an: Das Umsatzwachstum im vierten Quartal von zehn Prozent auf 1,6 Milliarden Dollar war das höchste in 15 Jahren.
Lego-Neuheit Vidiyo
Christiansen hat sich derweil vorgenommen, den Abstand auf die Wettbewerber weiter auszubauen. „Wir hatten einen guten Start ins Jahr“, unterstrich der Manager. Große Hoffnungen setzt der Däne in die gerade vorgestellte Neuheit „Vidiyo“. Dabei kombiniert er Lego-Steine mit einer App. So können die Kinder Figuren mit dem Smartphone zum Leben erwecken.
Keine schlechte Idee in Zeiten von Corona, wo Kontaktbeschränkungen den Alltag beherrschen.
Kommentar hinzufügen
Kommentare